Wenn du als Fotograf arbeitest – sei es hauptberuflich, nebenberuflich oder als ambitionierter Hobbyfotograf – kennst du das sicher: Eine neue Anfrage für ein TFP-Shooting trifft ein, und auf den ersten Blick klingt es nach einer spannenden Gelegenheit. Doch je genauer du die Nachricht liest, desto stärker wächst dein Zweifel. Statt eines fairen kreativen Austauschs erwartet dein Gegenüber eine professionelle Dienstleistung – natürlich ohne Bezahlung.
Aber wo verläuft die Grenze zwischen einer fairen Zusammenarbeit und schamloser Ausnutzung? Und wie kannst du dich davor schützen, in eine Falle zu tappen?
Was bedeutet ein TFP-Shooting eigentlich?
TFP steht für „Time for Print“ (oder mittlerweile „Time for Pictures“) und beschreibt ein Modell der Zusammenarbeit, bei dem beide Seiten – Fotograf und Model – ihre Zeit und Fähigkeiten investieren, um gemeinsam hochwertige Bilder zu schaffen, ohne dass Geld fließt. Ich als Fotograf bekomme neue Bilder für mein Portfolio, das Model erhält professionelle Aufnahmen für seine Sedcard oder Social Media. In der Theorie profitieren beide Seiten gleichermaßen.
Doch in der Realität sieht das oft anders aus. Immer häufiger bekomme ich Anfragen, die nichts mehr mit der ursprünglichen Idee von TFP zu tun haben. Manche versuchen, das Konzept bewusst auszunutzen, um kostenlos an aufwendige Shootings, professionelle Retusche oder gar kommerziell nutzbare Bilder zu gelangen.
Gerade für Fotografen, die ihre Leidenschaft nebenberuflich ausüben oder den Sprung in die Selbstständigkeit wagen wollen, kann das zum Problem werden. Denn Zeit ist Geld – und auch Hobbyfotografen investieren viel in Equipment, Know-how und Bildbearbeitung.
Auch aus Sicht eines Models ist das nicht immer einfach. Ich habe oft erlebt, dass Models für TFP-Shootings gewinnen wollten, nur um dann festzustellen, dass der Fotograf kaum Bilder zur Verfügung stellte oder sie nicht die Qualität hatten, die versprochen wurde. Genauso wie Fotografen müssen auch Models vorsichtig sein, mit wem sie zusammenarbeiten und ob das Shooting wirklich einen Mehrwert bringt.
Wenn TFP-Anfragen aus dem Ruder laufen
Hier sind einige der kuriosesten und dreistesten Anfragen, die ich bereits erhalten habe:
- Kommerzielle Nutzung: „Ich brauche Bilder für meine Webseite, kannst du das auf TFP-Basis machen?“ – Ein komplettes Business-Shooting gratis? Nein, danke!
- Agenturfotos: „Ich will mich bei einer Modelagentur bewerben und brauche professionelle Bilder – am besten in mehreren Outfits, drinnen und draußen!“ – Ein klarer Fall für ein reguläres Shooting.
- Hochzeitsshootings: „Ich heirate bald, vielleicht kannst du ja ein TFP-Shooting daraus machen?“ – Eine ganztägige Reportage inklusive Retusche? Sicher nicht!
- Unbegrenzte Nachbearbeitung: „Könntest du mich schlanker retuschieren? Und die Haut glatter? Und die Haare voluminöser?“ – Das alles, nachdem das Shooting eigentlich längst abgeschlossen ist.
- Zusätzliche Leistungen: „Kannst du ein Studio organisieren? Und ein Make-up-Artist wäre auch toll!“ – Alles auf meine Kosten?
- Erweiterte Nutzungsrechte: „Ich brauche die Bilder für Werbung, kannst du sie mir in voller Auflösung schicken?“ – Ohne Bezahlung und ohne Nennung meines Namens?
Diese und viele weitere Beispiele zeigen, wie wenig Wertschätzung manche Menschen der Arbeit eines Fotografen entgegenbringen. Und genau deshalb ist es so wichtig, klare Grenzen zu setzen.
Rechtliche Aspekte eines TFP-Shootings
Um Missverständnisse zu vermeiden, solltest du jedes TFP-Shooting durch einen Vertrag absichern. Ein TFP-Vertrag klärt die wichtigsten Punkte und schützt dich vor späteren Diskussionen:
- Nutzungsrechte: Wer darf die Bilder wie verwenden? Eine kommerzielle Nutzung sollte ausgeschlossen oder gesondert vergütet werden.
- Bildauswahl und Bearbeitung: Wie viele Bilder stellt der Fotograf zur Verfügung, und in welchem Umfang wird bearbeitet?
- Veröffentlichung: Dürfen die Bilder auf Social Media oder in Magazinen erscheinen?
- Datenweitergabe: Klare Regelungen zur DSGVO, insbesondere wenn die Bilder auf Plattformen hochgeladen werden.
- Widerrufsrechte: Was passiert, wenn eine Partei nachträglich Einwände hat?
- Verantwortlichkeiten: Wer kümmert sich um Make-up, Styling, Outfitwahl oder Locationgebühren?
- Schadenshaftung: Was passiert bei Schäden an Equipment oder anderen unvorhergesehenen Problemen während des Shootings?
Auch Models sollten sich absichern und nicht einfach jedem Fotografen vertrauen. Ein gut formulierter Vertrag schützt nicht nur Fotografen, sondern auch Models vor unklaren Absprachen oder unangenehmen Überraschungen.
Meine positiven Erfahrungen mit TFP-Shootings
Natürlich gibt es nicht nur negative Erlebnisse! Ich hatte schon viele großartige TFP-Shootings, die sich wirklich gelohnt haben. Wenn beide Seiten mit Engagement und einer klaren Vorstellung an das Projekt herangehen, kann es eine fantastische Gelegenheit sein, kreativ zu arbeiten und sich weiterzuentwickeln.
Ein gelungenes TFP-Shooting kann:
- dein Portfolio erweitern und dir helfen, neue Stile auszuprobieren,
- spannende Netzwerkmöglichkeiten eröffnen,
- kreative Freiheit ohne kommerziellen Druck bieten,
- Models, Visagisten und Fotografen helfen, sich weiterzuentwickeln,
- langfristige Kooperationen oder sogar bezahlte Aufträge nach sich ziehen.
Auch aus Model-Sicht kann ein professionell durchgeführtes TFP-Shooting extrem wertvoll sein. Es kann helfen, Erfahrung vor der Kamera zu sammeln, neue Posen auszuprobieren und das eigene Portfolio zu erweitern – vorausgesetzt, man wählt den richtigen Fotografen.
So erkennst du seriöse TFP-Anfragen
Nicht jede Anfrage ist unverschämt. Es gibt viele Models, Make-up-Artists und Kreative, die ernsthaft an einem fairen Austausch interessiert sind. Hier ein paar Merkmale für seriöse Anfragen:
- Klare Kommunikation: Das Model bringt eigene Ideen mit ein und zeigt Interesse an einem kreativen Austausch.
- Beidseitiger Mehrwert: Das Shooting bringt sowohl dir als Fotograf als auch dem Model einen echten Nutzen.
- Realistische Erwartungen: Keine überzogenen Forderungen bezüglich Bearbeitung, Dauer oder Extras.
- Respektvoller Umgang: Eine wertschätzende Kommunikation ist ein gutes Zeichen für eine seriöse Zusammenarbeit.
Fazit: Setze klare Grenzen
TFP-Shootings sind ein wertvolles Mittel, um sich künstlerisch auszudrücken und neue Kontakte zu knüpfen – solange sie fair und respektvoll ablaufen. Um dich vor unangemessenen Anfragen zu schützen:
- Definiere klare TFP-Konditionen.
- Nutze TFP-Verträge.
- Lass dich nicht auf kommerzielle Arbeiten ohne Bezahlung ein.
- Kommuniziere offen über den Mehrwert für beide Seiten.
- Habe den Mut, unfaire Anfragen höflich abzulehnen.
Ein gut geplantes TFP-Shooting kann eine großartige Erfahrung sein – wenn es auf Augenhöhe stattfindet. Also: Wähle deine Kooperationen weise, lass dich nicht ausnutzen und genieße die kreativen Möglichkeiten, die TFP bieten kann!
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